Mehr Beschäftigte sollen befristet in Teilzeit arbeiten können.

Auch jetzige Teilzeitkräfte sollen leichter in Vollzeit zurückkehren. Mit dem Brückenteilzeitgesetz ermöglicht die Bundesregierung Arbeitszeit, die zum Leben passt. Der Bundesrat hat das Gesetz abschließend beraten.

Ein bis fünf Jahre befristete Teilzeit und danach wieder zurück zur vorherigen Arbeitszeit: Mit den Änderungen im Teilzeit- und Befristungsgesetz – der neuen Brückenteilzeit – wird das möglich. Die Neuregelungen sollen zum 1. Januar 2019 in Kraft treten.

„Von diesem Gesetz profitieren die Beschäftigten und auch die Unternehmen, weil sie mehr Flexibilität und Sicherheit erhalten“, sagte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil bei der Debatte im Bundestag am 18. Oktober.

Der neue Rechtsanspruch auf die so genannte „Brückenteilzeit“ ist nicht an einen bestimmten Grund geknüpft – wie etwa Kindererziehung oder die Pflege von Angehörigen.

Wie bisher im Teilzeitrecht gilt: Das Arbeitsverhältnis muss länger als sechs Monate bestehen. Die Teilzeit ist spätestens drei Monate vor Beginn zu beantragen. Der Antrag ist beim Arbeitgeber in Textform zu stellen – zum Beispiel per E-Mail.

Wer befristet in Teilzeit arbeiten will, muss sich vorher festlegen: Während der Brückenteilzeit ist keine weitere Verringerung, Erhöhung oder vorzeitige Rückkehr zur ursprünglich vertraglich vereinbarten Arbeitszeit möglich. Damit erhalten Arbeitgeber Sicherheit bei der Personalplanung.
Rückkehr in Vollzeit erleichtern

Bisher sieht das Teilzeitrecht lediglich den Anspruch auf unbegrenzte Teilzeitarbeit vor – verbunden mit dem Risiko, dauerhaft in Teilzeit bleiben zu müssen. Vor allem Frauen stecken oft in der „Teilzeitfalle“. Für ihr Einkommen und ihre spätere Rente sei das Rückkehrrecht in Vollzeit besonders wichtig, so Heil.

Die Neuregelung wird also auch für Beschäftigte gelten, die bisher unbefristet in Teilzeit arbeiten und ihre Arbeitszeit aufstocken wollen. Der Arbeitgeber muss künftig beweisen, dass er keinen entsprechenden freien Arbeitsplatz hat. Oder dass die oder der Teilzeitbeschäftigte nicht gleich geeignet ist wie andere Bewerber.
Kleine Unternehmen nicht überfordern

Kleine Unternehmen mit bis zu 45 Beschäftigten sind von der neuen Brückenteilzeitregelung ausgenommen. Um diese Arbeitgeber nicht zu überfordern, gibt es für deren Beschäftigte keinen Rechtsanspruch auf befristete Brückenteilzeit.

Für Unternehmen von 46 bis zu 200 Mitarbeitern wird eine Zumutbarkeitsgrenze eingeführt: Hier muss pro 15 Beschäftigten nur jeweils einem Antrag auf befristete Teilzeit entsprochen werden.

Der Arbeitgeber wird verpflichtet, den Veränderungswunsch der Arbeitszeit mit der Arbeitnehmerin oder dem Arbeitnehmer zu besprechen. Das gilt unabhängig von der Betriebsgröße für alle Arbeitgeber. Auf Wunsch der Beschäftigten kann der Personal- oder Betriebsrat hinzugezogen werden.
Arbeitszeit, die zum Leben passt

Eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zeigt: 50 Prozent der Männer und gut 40 Prozent der Frauen würden ihre Arbeitszeit gern um mindestens 2,5 Wochenstunden verkürzen. Aber 17 Prozent der Frauen und 10 Prozent der Männer würden auch gern mindestens 2,5 Stunden pro Woche länger arbeiten.

Arbeitszeit, die zum Leben passt – das ist ein wichtiges arbeits-, gleichstellungs- und familienpolitisches Anliegen der Bundesregierung. Das Bundeskabinett hat den Gesetzentwurf zur Änderung des Teilzeit- und Befristungsgesetz im Juni auf den Weg gebracht. Der Bundestag hat es am 18. Oktober beschlossen. Nach Unterzeichnung durch den Bundespräsidenten kann das neue „Brückenteilzeitgesetz“ zum 1. Januar 2019 in Kraft treten.
Freitag, 23. November 2018

Quelle: www.bundesregierung.de

ArbeitsrechtBundesarbeitsgericht: Die Frage nach einer Schwerbehinderung ist im bestehenden Arbeitsverhältnisnach nach sechs Monaten erlaubt

Im bestehenden Arbeitsverhältnis ist jedenfalls nach sechs Monaten, also nach dem Erwerb des Sonderkündigungsschutzes für behinderte Menschen, die Frage des Arbeitgebers nach der Schwerbehinderung zulässig. Das gilt insbesondere zur Vorbereitung von beabsichtigten Kündigungen. Der mit einem GdB von 60 schwerbehinderte Kläger stand seit dem 1. November 2007 in einem bis zum 31. Oktober 2009 befristeten Arbeitsverhältnis. Am 8. Januar 2009 wurde der Beklagte zum vorläufigen Insolvenzverwalter über das Vermögen der Arbeitgeberin bestellt. Während des Insolvenzeröffnungsverfahrens erbat der Beklagte in einem Fragebogen zur Vervollständigung bzw. Überprüfung der ihm vorliegenden Daten ua. Angaben zum Vorliegen einer Schwerbehinderung bzw. Gleichstellung mit einem Schwerbehinderten. Der Kläger verneinte seine Schwerbehinderung. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens kündigte der Beklagte als Insolvenzverwalter am 26. Mai 2009 dem Kläger zum 30. Juni 2009.

Der Kläger, der in der Klageschrift vom 9. Juni 2009 seine Schwerbehinderung mitgeteilt hat, hält die Kündigung vom 26. Mai 2009 für unwirksam, weil das Integrationsamt ihr nicht zugestimmt habe. Das Arbeitsgericht ist dem gefolgt und hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat dagegen angenommen, der Kläger könne sich auf den Kündigungsschutz für Schwerbehinderte nicht berufen, weil er die Frage nach der Schwerbehinderung wahrheitswidrig verneint habe.

Die Revision des Klägers hatte vor dem Sechsten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Die Frage nach der Schwerbehinderung im Vorfeld einer vom Arbeitgeber beabsichtigten Kündigung steht im Zusammenhang mit der Pflichtenbindung des Arbeitgebers durch die Anforderungen des § 1 Abs. 3 KSchG, der die Berücksichtigung der Schwerbehinderung bei der Sozialauswahl verlangt, sowie durch den Sonderkündigungsschutz nach § 85 SGB IX, wonach eine Kündigung der vorherigen Zustimmung des Integrationsamtes bedarf. Sie soll es dem Arbeitgeber ermöglichen, sich rechtstreu zu verhalten. Die Frage diskriminiert behinderte Arbeitnehmer nicht gegenüber solchen ohne Behinderung. Auch datenschutzrechtliche Belange stehen der Zulässigkeit der Frage nicht entgegen. Infolge der wahrheitswidrigen Beantwortung der ihm rechtmäßig gestellten Frage nach seiner Schwerbehinderung ist es dem Kläger unter dem Gesichtspunkt widersprüchlichen Verhaltens verwehrt, sich im Kündigungsschutzprozess auf seine Schwerbehinderteneigenschaft zu berufen.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16. Februar 2012 – 6 AZR 553/10 –
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 30. Juni 2010 – 2 Sa 49/10 –